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Heute hab ich nichts gemacht

 Während ich mich mit meinen Leistungsansprüchen und meiner Tagesgestaltung auseinandersetze, stelle ich fest, was es bedeutet, wenn ich sage, ich habe heute nichts gemacht. Unter “nichts” fällt zB:

 

- Überweisungen

- Urlaubsorganisation

- Artikel lesen zu Beziehungsthemen

- Gesundheitsding zum Kind googeln

- Kochen

- Ted Talk von Chimamanda Adichie anschauen und über meine eigenen Vorurteile nachdenken

- beim Finanzamt anrufen

- Schlafen

- mit Freundinnen telefonieren und übers jeweilige Wohlbefinden austauschen und gegenseitig unterstützen

 

 

Egal was ich mache, solange es nichts ist, wofür eine*r Lob von außen bekommt, ist es nichts. Es ist nichts wert. Schlaf? Am Vormittag? Sollte ich den Tag nicht besser nutzen? Leben als wär es mein letzter? - Oder aber ich höre auf die Bedürfnisse meines Körpers und schlafe einfach. Denn wenn mein Körper spazieren mag 2 - 3 Stunden, dann höre ich auch auf ihn. Bloß lässt sich damit viel leichter prahlen. “Heute bin ich xy Kilometer gegangen” klingt einfach besser als “Heute habe ich am Vormittag 3 Stunden geschlafen”; obwohl beides bedürfnisorientiert ist und meinem Körper gibt, was er braucht.

 

Auch organisatorische Arbeiten, emotionale Arbeit, Beziehungsarbeit, all diese Mental Load bewerte ich unterbewusst scheinbar immer als weniger wert: Da sieht ja auch niemand etwas davon, wenn ich über irgendwas nachdenke. Da hat auch niemand was davon, wenn ich einfach ein simples Kartoffelpüree mache und nicht auf Instagram stelle. Aber genau das sind die Dinge, die so viele Menschen, vor allem aber auch Frauen, täglich machen und keine Wertschätzung dafür bekommen.

 

Und warum eigentlich nicht? Anfangen muss die Wertschätzung allerdings erst mal von innen. Denn wenn ich selbst einen Tag voller Erledigungen am Computer oder den Bedürfnissen meines Körpers nachzukommen nicht für wichtig oder wertvoll erachte, wer soll es dann machen?

 

Ein Tag ist nicht automatisch produktiver, nur weil ich das Rad benutze oder mich mit jemandem treffe und über Berufliches unterhalte. Gleichzeitig geht es nicht darum, ständig ein Häkchen unter jedwede Sache zu setzen und sich somit “wertvoll” zu machen. Eigentlich sollte die Bewertung komplett wegfallen. Ich bin müde - also schlafe ich. Ich habe Dinge zu erledigen - also erledige ich sie. Freundschaften sollten gepflegt werden - also melde ich mich mal wieder. Eines nach dem anderen, alles dauert so lange wie es dauert, und keines es wichtiger als das andere. 

 

Ha! Aber hab ich da nicht vor vielen Jahren das Eisenhower-Prinzip gelernt und begonnen Dinge zu priorisieren? Vielleicht sollte ich die Achse des “wichtig” ändern in “notwendig”. Denn Wichtigkeit hat immer mit Wertigkeiten zu tun. Vielleicht würde ich es dann auch schaffen, sogenannte “Self-Care”-Tätigkeiten auf die “Notwendigkeitsachse” zu setzen, weil sie tatsächlich notwendig sind, aber mit dem Label “wichtig” immer unter den Tisch fallen.

 

Ich werd das mal versuchen.